Von Engeln und Teufeln - Of Angels and Devils
Von Engeln und Teufeln
Ich habe meinen Strava account gelöscht
english version below
In der vergangenen Woche habe ich mein Strava-Konto gelöscht. Für diejenigen, die nicht wissen, was Strava ist, eine kurze Erklärung:
„Strava ist ein soziales Netzwerk zur internetbasierten Erfassung sportlicher Aktivitäten wie Radfahren, Joggen, Schwimmen, Skifahren, Rudern und Krafttraining.“
Weiter heißt es: Sobald deine Daten auf Strava erfasst sind, kannst du deine sportlichen Aktivitäten verfolgen und dich mit anderen Nutzern vergleichen. Ob zurückgelegte Distanz, Zeit und Geschwindigkeit oder – sofern Herzfrequenzmesser und Powermeter vorhanden sind – Puls und Leistung: Mit Strava hast du alles im Blick.
Seit 2015 habe ich Strava genutzt. Damals fuhr ich noch Radrennen, verwendete einen Herzfrequenz- und Leistungsmesser. Ich wollte schneller werden und Rennen gewinnen. Doch was nützen all die gesammelten Daten, wenn man sie nicht auswertet oder versteht? Genau das war anfangs mein Problem. Ich erfreute mich an den Zahlen auf meinem Display und versuchte ständig, Bestwerte zu erzielen. Ich fuhr während der Woche lange Strecken mit hoher Geschwindigkeit, am Mittwoch Radrennen auf der Bahn und am Wochenende Straßenrennen.
Das führte bereits nach wenigen Monaten dazu, dass mein Körper völlig ausgelaugt war. Meine Leistungsdaten verbesserten sich nicht, sondern verschlechterten sich sogar. So konnte es nicht weitergehen. Ich musste etwas ändern. Also begann ich, mich intensiver mit Trainingslehre und Leistungsdiagnostik zu befassen. Später lernte ich einen Trainer kennen.
Von da an trainierte ich nach Plan. Die strukturierte Herangehensweise half mir und brachte den erhofften Erfolg.
Drei Jahre lang folgte ich konsequent den Vorgaben meines Trainers. Bei jeder Fahrt. Selbst auf Erholungsfahrten galt mein Blick nicht der Natur, sondern dem Display des Leistungsmessers.
Irgendwann wollte ich nicht mehr. Ich war nicht körperlich erschöpft, sondern mental müde. Ich wollte keine Trainingspläne mehr befolgen, keine Zahlen mehr auf dem Display sehen, keine Vorgaben mehr erfüllen.
Seitdem sind zehn Jahre vergangen. Ich nutzte Strava weiterhin, um meine Fahrten zu archivieren – praktisch, da ich nicht nur die Daten, sondern auch die Strecken einsehen konnte. Zum Planen neuer Routen habe ich inzwischen jedoch bessere Programme gefunden.
Ich verwende keinen Herzfrequenzmesser mehr, meine Leistungsmesser habe ich vor Jahren verkauft.
Nun war es an der Zeit, Strava endgültig zu verabschieden. Ich wollte jedoch meine gefahrenen Strecken behalten. Dank der Hilfe einer freundlichen Supporterin konnte ich meine Daten auf „Ride with GPS“ übertragen – ein Programm, das sich mehr auf Routenplanung als auf Leistungsmessung konzentriert. Genau das, was ich brauche.
Ein großes Dankeschön an den tollen Support von Ride with GPS!
Doch was hat all das mit „Engeln und Teufeln“ zu tun?
Es ist Winter. Nicht meine Jahreszeit, auch wenn er seine schönen Seiten hat. Ich liebe Wanderungen in den verschneiten Bergen mit meiner Frau. Doch das sind nur Momentaufnahmen. Als Radfahrer komme ich mit Kälte, Schnee und Eis zwar zurecht – wie mein Bericht zum „Unknown Race 2024“ zeigt –, aber es gibt Schöneres als den Winter.
Ich fahre jeden Tag mit dem Rad zur Arbeit und zurück. Egal, wie kalt es ist. An den Wochenenden trainiere ich meist draußen. Unter der Woche absolviere ich meine Einheiten oft auf dem „Wahoo Kickr“ mit der Online-Plattform „Rouvy“. Das mache ich seit Jahren, weil es effektiv ist. Keine Winterkleidung anziehen müssen, schwitzen statt frieren.
Mein Indoor-Trainer hat einen Leistungsmesser, sodass ich meinen Formaufbau beobachten kann. FTP-Werte steigen, VO2max verbessert sich.
Und genau jetzt kommen Engel und Teufel ins Spiel.
Der Teufel flüstert mir zu: „Arno, komm, greif noch mal an! Kauf dir wieder einen Leistungsmesser und trainiere nach Plan!“ Gleichzeitig flüstert mein Engel: „Arno, du kennst das Spiel. Willst du das wirklich? Wozu?“
Ich fahre gerne virtuelle Radrennen. Dabei kann ich mich auspowern, meine Grenzen ausloten. Meine kleinen Erfolge motivieren mich. Der Teufel ruft: „Noch ein Rennen!“ Der Engel sagt: „Du brauchst Ruhe.“
Und dann die ständige Frage: Indoor oder Outdoor?
Es ist ein Hin und Her. Der Teufel schreit, der Engel flüstert. Der Teufel findet immer neue Wege, mich zu locken – trotz all meiner Erfahrung. Ganz wie im Film „The Devil’s Advocate“ mit Al Pacino und Keanu Reeves aus dem Jahr 1997.
Doch mittlerweile gewinnt fast immer mein Engel. Spätestens, wenn meine Oberschenkel beim Treppensteigen nach der ersten Etage brennen. Dann setzt die Vernunft ein.
Vergangene Woche hatten wir Besuch von einem befreundeten Paar. Beim gemeinsamen Pizza-Backen unterhielten wir uns – wie so oft – bestens.
Im Laufe des Abends kamen wir auf das Thema Motivation: den inneren Antrieb.
„Was ist deine Motivation, Arno?“
Ich musste nicht lange überlegen. Diese Frage hatte ich mir oft gestellt.
An erster Stelle steht für mich ein gutes Gefühl. Was ich tue, soll mein Leben bereichern. Dinge, die mir schaden, versuche ich zu vermeiden.
„Nichts wird dich glücklicher machen als die Distanz zu allem, was dir schadet.“
Gleichzeitig bin ich ein Leistungsmensch. Das wurde mir nicht in die Wiege gelegt, sondern früh antrainiert. Erwartungen und Ziele müssen erfüllt werden – sonst gilt es als Scheitern.
Dieses Bild begleitete mich viele Jahre. Ich erfüllte die Erwartungen meiner Eltern, meiner Partner, meiner Arbeitgeber. Ich versuchte stets, meine eigenen – viel zu hohen – Ansprüche zu erfüllen. Beruflich, privat, sportlich.
Ich rannte immer nur hinterher. Selbst wenn ich ein Ziel erreichte, sah ich nur das nächste und jagte weiter.
Getreu dem Motto: „Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf.“
Irgendwann erkannte ich: Zwei Seelen wohnen in mir. Mein Engel und mein Teufel. Mal gewinnt der eine, mal der andere.
Ich bin überzeugt, dass alles im Gleichgewicht sein muss. Kein Frieden ohne Krieg. Kein Glück ohne Trauer. Kein Licht ohne Schatten.
Die Kunst besteht darin, Balance zu finden, sie zu akzeptieren und zu kontrollieren.
Ich erfreue mich an meinen Engeln und halte meine Teufel unter Kontrolle.
Vielleicht erreiche ich eines Tages Frieden ohne Krieg?
„Fahre ich heute Outdoor oder Indoor? Was sagt ihr dazu, Engelchen und Teufelchen?“
Mein Buchtipp:
„Siegerdenken: Wie du Blockaden überwindest und immer deine sportliche Bestleistung bringst“ von Simon Marshall und Lesley Paterson.“
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Last week, I deleted my Strava account. For those who don’t know what Strava is, here’s a brief explanation:
“Strava is a social network for internet-based tracking of sports activities such as cycling, running, swimming, skiing, rowing, and strength training.”
Furthermore, it states: Once your data is recorded on Strava, you can track your sports activities and compare yourself with other users. Whether it’s distance covered, time, and speed, or – if a heart rate monitor and power meter are available – pulse and performance: With Strava, you have everything in view.
I have been using Strava since 2015. Back then, I was still racing, using a heart rate monitor and a power meter. I wanted to ride faster and win races. But what’s the use of all the recorded data if you only collect it without analyzing or understanding it? That was exactly my problem at first. I enjoyed looking at my performance numbers on the display and constantly tried to achieve new bests. During the week, I rode long distances at high speeds, competed in track races on Wednesdays, and road races on weekends.
After only a few months, my body was completely burned out. My performance data didn’t improve but rather declined. This couldn’t go on. I had to change something. So, I started to study training science and performance diagnostics in more depth. Later, I met a coach.
From then on, I trained according to a structured plan. This systematic approach helped me and led to the desired success.
For three years, I followed my coach’s instructions diligently. Every ride. Even on recovery rides, my focus wasn’t on the scenery but on the power meter’s display.
At some point, I didn’t want to do it anymore. I wasn’t physically exhausted but mentally tired. I didn’t want to follow training plans anymore, look at numbers on a display, or meet expectations.
Ten years have passed since then. I still used Strava to archive my rides – it was practical because I could not only see the data but also the routes I had ridden. However, I have since found better programs for route planning.
I no longer use a heart rate monitor, and I sold my power meters years ago.
Now, it was time to say goodbye to Strava for good. However, I wanted to keep my recorded routes. Thanks to the help of a friendly support representative, I was able to transfer my data to "Ride with GPS"—a program that focuses more on route planning than on performance measurement. Just what I needed.
A big thank you to the excellent support from RwGPS!
But what does all this have to do with "Angels and Devils"?
It’s winter. Not my season, even though it has its beautiful moments. I love hiking in the snowy mountains with my wife. But those are just snapshots. As a cyclist, I can handle the cold, snow, and ice – as my report on the "Unknown Race 2024" shows – but there are more enjoyable seasons than winter.
I ride my bike to work and back every day, no matter how cold it is. On weekends, I usually train outdoors. During the week, I often do my sessions on the "Wahoo Kickr" with the online platform "Rouvy." I’ve been doing this for years because it’s efficient. No need to put on winter clothing, sweating instead of freezing.
My indoor trainer has a power meter, so I can track my fitness progress. FTP values increase, VO2max improves.
And this is where the angels and devils come into play.
The devil whispers: "Arno, come on, push yourself again! Buy another power meter and train with a structured plan!" At the same time, my angel whispers: "Arno, you know this game. Do you really want to go through it again? What for?"
I enjoy virtual bike races. There, I can push myself, test my limits. My small successes motivate me. The devil shouts: "One more race!" The angel says: "You need rest."
And then there’s the constant question: Indoor or outdoor?
It’s a back and forth. The devil shouts, the angel whispers. The devil always finds new ways to tempt me – despite all my experience. Just like in the movie "The Devil’s Advocate" with Al Pacino and Keanu Reeves from 1997.
But nowadays, my angel almost always wins. At the latest, when my thighs burn after just one flight of stairs. That’s when reason kicks in.
Last week, we had friends over. While making pizza together, we had one of our usual great conversations.
At some point, we talked about motivation: that inner drive.
"What motivates you, Arno?"
I didn’t have to think long. I had asked myself this question many times before.
First and foremost, it’s about feeling good. What I do should enrich my life. I try to avoid things that harm me.
"Nothing will make you happier than distancing yourself from everything that harms you."
At the same time, I am a performance-driven person. That wasn’t something I was born with but something I was trained into from an early age. Expectations and goals must be met – otherwise, it’s considered failure.
This mindset accompanied me for many years. I met the expectations of my parents, my partners, my employers. I always tried to meet my own – much too high – standards. Professionally, personally, and athletically.
I was always chasing something. Even when I reached a goal, I only saw the next one and kept going.
Following the motto: "After the competition is before the competition."
At some point, I realized: Two souls reside within me. My angel and my devil. Sometimes one wins, sometimes the other.
I am convinced that everything in life must be in balance. There is no peace without war. No happiness without sorrow. No light without shadow.
The key is to recognize, accept, and control this balance.
I embrace my angels and keep my devils in check.
Maybe one day, I will find peace without war?
"Should I ride outdoors or indoors today? What do you think, little angel and little devil?"
Book recommendation:
"The Brave Athlete: Calm the Fuck Down and Rise to the Occasion" by Simon Marshall and Lesley Paterson.
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